Nach fünf Wochen Schifffahrt haben wir unser erstes Ziel erreicht. Südamerika! Montevideo in Uruguay, empfängt uns mit herrlichem Wetter zum Motorradfahren.
Wie schon beim letzten Mal hat die Überfahrt länger als nur vier Wochen gedauert. Am 20. März 2015 startete das Frachtschiff Grande San Paolo ab Hamburg, mit dabei wir und unsere Motorräder fest verschnürt auf Deck Nummer 6.
Die erste Route führt nach Tilbury in England. Schon bei der letzten Fahrt empfanden wir das Beladen und Löschen der Ladung in diesem kleinen Hafenstädtchen als äußerst langatmig. Unsere Ungeduld begründet sich damit, dass wir endlich aus diesem windigen kalten und ungemütlichen Wetter heraus wollen. Doch wie es bei der Schifffahrt so ist, man hat Geduld mitzubringen. Und wir wissen ja, dass eine Überfahrt mit dem Schiff, wohl die langsamste Variante ist, mit seinem Fahrzeug nach Südamerika zu kommen.
Auch im Hafen von Antwerpen sind wir eine ganz Zeit. Dafür gibt es auch mehrere Gründe. Nicht nur das Verladen der vielen Hunderte von Autos (Neuwagen und Schrottautos für Afrika) braucht seine Zeit, sondern auch eine Begutachtung des Schiffes und das Aufstocken aller Vorräte, inklusiv das Betanken des Schiffes.
Dann geht es mit großen Schritten in Richtung Afrika. Eine mehrtägige Fahrt ohne das Anlaufen von Häfen bringt der Crew des Schiffes die Zeit, sich mit anderen Dingen zu beschäftigen. Damit meinen wir zum Beispiel das Üben von unvorhergesehenen Situationen, sogenannte Rettungsübungen. Insgesamt dreimal werden wir aus unserer relaxten Urlaubshaltung herausgerissen und dürfen uns am allgemeinen Treffpunkt beim Koch hinter der Küche einfinden. Die erste Übung verläuft planlos ins Nirgendwo. Die zweite Übung ist dann schon etwas geordneter. Bei der dritten Übung können wir schon eine kleine Routine feststellen.
Es wird wärmer und wärmer – Afrika kündigt sich an und beschert uns recht schnell den ersten Sonnenbrand. Das Arbeiten in den Häfen von Dakar/ Senegal und Conakry/ Guinea ist immer speziell und kann mit europäischen Häfen nicht verglichen werden. Viele Dinge laufen in sehr langsamer Art und Weise ab und oft sind es viele Leute, die sich für eine Situation zuständig fühlen. Der Eine sagt rechts, der Andere links und beim Dritten geht es durch die Mitte. Somit sind Verwirrungen vorprogrammiert. Trotzdem sind wir angenehm überrascht. Beide Häfen sind moderner ausgestattet, als wir dachten. Besonders der Hafen von Dakar, den wir schon vor fünf Jahren besuchten, hat sich unserer Meinung nach sehr positiv entwickelt. Was wir nach wie vor mit gemischten Gefühlen betrachten, ist das Abladen von vielen Hunderten von Autos, die in Europa ausrangiert werden. Ihre Innenräume sind teilweise vollgepackt mit Altkleidern, Matratzen, elektrischen Geräten und alten Fahrrädern. Ist das nun wirklich eine Hilfe? Aber auch darauf ist man eingestellt. Einige Hafenarbeiter sind mit großen Autobatterien auf Handwagen ausgestattet. Sie haben ihren festen Job, fahruntüchtige Autos wieder „zum Leben“ zu erwecken.
Nach weiteren zwei Tagen in Conakry folgt eine längere Zeit auf See in Richtung Südamerika. In knapp sechs Tagen kommen wir unserem Ziel einen ganz großen Schritt näher. Während dieser Zeit haben wir auch den Äquator überschritten. Wir sind nun auf der Südhalbkugel und schon jetzt ist manches anders. Zu nennen sind da die unglaublichen farbintensiven Sonnenuntergänge, die schon recht zeitig sind. Und der unbeschreibliche Sternenhimmel, der uns schon auf unserer letzten Reise so faszinierte.
Nach fünf Tagen auf dem Atlantik erreichen wir Vitória in Brasilien. Wir fahren in einer der schönsten Hafenbuchten hinein und somit hätte der Empfang auf einen neuen Kontinenten kaum schöner sein können. Es ist warm und sonnig und, wie ich es immer persönlich empfinde, es riecht nach Südamerika.
In Vitória bleibt das Frachtschiff Grande San Paolo für mehrere Stunden. Wir nutzen die Gelegenheit, um von Bord zu gehen. Und ehe wir uns versehen, haben wir einen Tourguide an unserer Seite. Er behauptet vom Kapitän geschickt worden zu sein, und sich als Einheimischer bestens in Vitória auszukennen. Das Letztere stimmt auf alle Fälle, denn unsere Wünschen werden in Windeseile erfüllt. Da ein Foto, dort eine Besichtigung und mal schnell beim guten Freund nebenan ein bisschen Geld getauscht. Im Schnelldurchlauf, aber immer herzlich und zuvorkommend, bekommen wir eine Sightseeingtour der Extraklasse geboten, die am Ende auch nicht ganz umsonst war. Einige Stunden später geht es weiter nach Rio de Janeiro.
Mit dem Aufenthalt in Rio de Janeiro haben wir nicht soviel Glück. Im Hafen von Rio de Janeiro legt das Schiff nur für 12 Stunden an. Da wir einen Tag zuvor auf Reede liegen, also auf Einlass warten, wird das Schiff erst nachts in den Hafen gebracht. Wir können uns also den Zuckerhut und den Corcovado mit der Christusstatur, nur aus der Entfernung ansehen. Schon nach dem Mittag geht es weiter in Richtung Santos, eine Tagesreise mit dem Schiff entfernt. In Santos können wir wieder mehr das brasilianische Leben erleben. Wir wissen von unserer letzten Schiffsreise, dass der Hafen nur wenige Kilometer von dem Zentrum Santos entfernt liegt. Wir haben also genügend Zeit unsere eigene kleine Tour zu starten. Wir erledigen einige Einkäufe und mit der erst kürzlich neu eröffneten historischen Straßenbahn sehen wir uns das Zentrum von Santos. Das macht Lust auf mehr.
Unsere Ankunft in Montevideo, unseren Zielhafen der Überfahrt nach Südamerika, rückt immer näher. Da das Frachtschiff Grande San Paolo aber zuerst nach Zarate in Argentinien fährt, fahren wir an unserem Ziel erst einmal vorbei. Zarate liegt nicht, wie man meinen könnte, am Atlantik, sondern am Río Paraná. Wir fahren mit dem Schiff vom Atlantik in den Río de la Plata, welcher in den Rio Paraná übergeht, an Montevideo vorbei, nach Zarate. Erst auf der Rücktour läuft das Schiff den Hafen von Montevideo an.
Hier erreichen wir unser Ziel nach einer Reise mit dem Frachtschiff Grande San Paolo nach fünf Wochen.
Wir haben den Äquatorpunkt genau getroffen…:-)
Interview mit Latizón TV vor dem Frachtschiff Grande San Paolo