Die ersten Kilometer mit dem Motorrad sind geschafft. Unsere erste Station, Colonia del Sacramento – Uruguay, ist der Beginn unserer Reise durch Südamerika. In Colonia del Sacramento, einen sehr beliebten Reise Ort für Uruguayer und Argentinier, ist uns noch gut bekannt von unserer letzten Reise. Auch im gleichen Hotel finden wir für zwei Tage eine Bleibe und die Möglichkeit, das Internet im vollen Umfang zu nutzen. Uruguay ist für uns, so wie auch bei unserer letzten Reise, ein Land, was wir nicht allzu lange besuchen werden. Wir möchten zügig durch Uruguay fahren, denn wir werden im Süden von Brasilien, von zwei Familien, sehnlichst erwartet.
Die Ausreise aus Uruguay und die Einreise nach Brasilien, über die Grenzstadt Rivera, gestaltet sich allerdings schwierig. Durch die erleichterten Grenzbestimmungen beider Länder haben es Ausländer besonders schwer. Denn die offiziellen Migrationen, zum Ab- und Anmelden, liegen getrennt weit voneinander entfernt. Für uns ist es nicht ersichtlich, wo überhaupt die eigentliche Grenze ist. Beide Länder werden nur durch eine größere Straße getrennt. Eh man sich versieht ist man von Rivera/ Uruguay nach Santana do Livramento/ Brasilien inoffiziell eingereist. Die Migration von Brasilien liegt etliche Häuserblocks davon entfernt in der Rua Silveira Martins No. 1257. Nach vielen hin- und herfahren bekommen wir Hilfe an einer Tankstelle. Ein Junge mit einem kleinen Moped zeigt uns den Weg und nach mehr als zwei Stunden herumirren, sind wir endlich offiziell eingereist. Ein Zolldokument für die Motorräder bekommen wir allerdings nicht.
Der Süden von Brasilien ist landschaftlich sehr schön. Trotz des anstehenden Winters ist alles immer noch satt grün und für unsere Verhältnisse haben wir angenehme Temperaturen. Bei über 20 °C lässt sich das Motorradfahren genießen und nicht zu einer schweißtreibenden Angelegenheit werden. Wir fahren durch den Bundesstaat Rio Grande do Sul, u. a. auf der Ruta dos Missoes, einer Straße, welche verschiedene Ortschaften mit gleicher Geschichte verbindet. Der europäische Einfluss, von Deutschen, Österreichern und Italienern, im Süden von Brasilien, ist hier sehr hoch. Sie haben viele Traditionen aus ihrer Heimat mitgebracht. Besonders die kulinarischen Köstlichkeiten, die sich teilweise als große Industriezweige entwickelt haben. Mit vielen Leuten können wir uns unterhalten, die während unserer Stopps auf uns zukommen. Sie möchten wissen, wo die Reise hingeht und wie es überhaupt möglich ist, die Motorräder hierher zu bekommen. Besonders im kleinen Dorf Sao Paulo dos Missoes werden wir mit einer überwältigenden Gastfreundschaft empfangen. Der Besuch unserer dort lebenden Freunde, die Familie Hadwig, scheint sich schon herumgesprochen zu haben. Wir werden offiziell im Rathaus des kleinen Ortes von der Bürgermeisterin begrüßt und zu einem „Chimarrao“ – einem Mate-Tee, eingeladen.
Besuch in Sao Paulo das Missoes bei Familie Hadwig – Rosmeri (links) mit ihren Mann und den beiden Kindern
Die lokale Presse lässt auch nicht lange auf sich warten. Unsere Reise und das Vorhaben unserer Strecke wird später in der örtlichen Zeitung präsentiert. Bei Rosmeri und ihrer Familie verbringen wir zwei unvergessliche Tage mit sehr vielen guten Gesprächen. Für uns ist es auf unserer Reise auch wichtig zu erfahren, wie das Leben in Brasilien so läuft. Die Geschichte von Brasiliens Süden, besonders die Einwanderung vieler Europäern und dessen Schicksale interessiert uns sehr.
Besuch eines Deutschen Museums im Süden von Brasilien. Unser Eisenacher Stadtwappen passt recht gut dazu.
Davon können uns auch unsere Freunde in Treze Tílias, zu Deutsch: „Dreizehn Linden“, eine österreichische Stadt im Bundesstaat Santa Catarina/ Brasilien, eine Menge erzählen. Auch in Treze Tílias ist unsere Reise das Highlight im Ort. Der hiesige Radiosender Radio Tropical fm 99,1 interviewt uns.
Nach der Ausstrahlung sind wir im Ort so bekannt, dass wir gleich angeboten bekommen, doch hier zu bleiben, Land zu kaufen und sesshaft zu werden. Für ein paar Tage bleiben wir in Treze Tílias und erkunden die Gegend mit all seinen Kolonien. Erst nach eineinhalb Wochen geht es weiter Richtung Norden.
Wir haben uns in Treze Tílias mit unserem Aufkleber verewigt.
Wir verlassen den Bundesstaat Santa Catarina und erreichen den angrenzenden Bundesstaat Paraná. Hier besuchen wir die Orte Iratí und Castrolanda. Der Nationalpark Vila Velha ist auf dem Weg nach Castrolanda eine gelungene Abwechslung zum Motorrad fahren. Wir sind zwar mit unseren Enduro Stiefeln nicht ganz so gut zu Fuß, doch eine Führung mit einem Parkranger nehmen wir gerne an. Er führt uns durch riesige bizarre Felsformationen, die man hier nur selten sieht. Der Rückweg zum Parkeingang führt direkt durch ein Stück Urwald, den wir von ihm genauestens erklärt bekommen. Dieser Abstecher hat sich richtig gelohnt.
In Castrolanda machen wir Station in einer ehemaligen holländischen Kolonie. Hier befindet sich die größte Windmühle in Lateinamerika. Sie ist heute ein Museum und am Wochenende geöffnet. Wir verlassen den Bundesstaat Paraná und besuchen den vierten Bundesstaat auf unserer Reise durch Brasilien, den Bundesstaat Sao Paulo. Wir besuchen die Orte Avaré und Pirassununga jeweils nur für eine Nacht, denn unser eigentliches Ziel ist der Bundesstaat Minas Gerais.
Der kleine Tourismusort Tiradentes, im Bundesstaat Minas Gerais, soll laut Reiseführer und Informationen unserer brasilianischen Freunde, sehr sehenswert sein. Es gefällt uns hier besonders gut. Die Bauweise der Häuser stammt aus der Kolonialzeit und die kleinen Gästehäuser, etwas außerhalb vom Zentrum, erinnern uns an die Toskana. Der Name des Ortes ist dem Nationalhelden Brasiliens gewidmet. Tiradentes setzte sich für die Einheit Brasiliens ein und wurde von portugiesischen Machthabern wegen seiner Aufsässigkeit getötet.
Im Bundesstaat Minas Gerais geht es weiter nach Mariana. Mariana ist die älteste Stadt von Minas Gerais und war früher die erste Hauptstadt des Bundesstaates. Die Altstadt hat sehr viele Kirchen und Bauten aus der Kolonialzeit. Auch den nicht weit entfernte Ort Ouro Preto besuchen wir, allerdings nicht mit den Motorrädern, sondern mit dem Bus. Das hat einen Grund. Die Straßen sind mit Kopfsteinpflaster gepflastert und haben enorme Steigungen bzw. Gefälle. Viele Straßen wären mit unseren schweren Motorrädern einfach nicht passierbar. Das ist kaum zu glauben, aber war. So genießen wir entspannt die Busfahrt und überlassen das Fahren den Anderen. Ouro Preto gehört zum Unesco Weltkulturerbe durch seinen alten Stadtkern, ebenfalls aus der Kolonialzeit. Der Name Ouro Preto heißt übersetzt „Schwarzes Gold“. Die Stadt bekam diesen Namen wegen ihres reichen Goldvorkommens in den vergangenen Jahrhunderten, welches durch Eisenoxid leicht verunreinigt war.
Ouro Preto in Brasilien – Hier fahre ich nicht Motorrad!!!
Ouro Preto in Brasilien – Und hier auch nicht!!!
Wir verlassen nun die geschichtsträchtigen Städte und unsere Fahrtrichtung nach Norden. Der nächste Reisehöhepunkt wird von nun an anvisiert. Wir werden westwärts zu einem der größten Binnenlandfeuchtgebiete der Erde fahren – das Pantanal.