Auf der Panamerikana durch Peru
Als wir an der Grenze zwischen Chile und Peru unseren offiziellen Einreisestempel bekommen, und auch die Motorräder offiziell in Peru angemeldet sind, wissen wir, dass Peru für uns nur ein Land zur Durchreise ist. Haben wir doch bei unserer letzten Reise vor vier Jahren Peru genau unter die Lupe genommen. Weltbekannte Sehenswürdigkeiten wie Machu Picchu, den Colca-Canyon oder die Stadt Puno am Titicacasee werden wir diesmal nicht besuchen. Vielmehr wollen wir die legendäre Straße Panamerikana in Richtung Norden fahren.
So, wie die PanAm im Norden von Chile aufgehört hat, so fängt sie im Süden von Peru wieder an. Eine endlos lange geradeaus führende Straße durch die Wüste. Sand und Geröll, leider auch viel zu viele Kreuze am Fahrbahnrand, bestimmen das Bild in unseren ersten Streckenabschnitt.
Doch die Straße Panamerikana hat viele Gesichter. So führt sie uns auch am Pazifik entlang und bietet somit Abwechslung. So brechen tosend meterhohe Wellen links von uns und türmen sich Sanddünen rechts von uns auf. Der immer wieder kräftige Wind bringt unsere Motorräder in Seitenlage. Sandverwehungen türmen sich am Fahrbahnrand auf und werden durch den Wind immer wieder auf die Fahrbahn und zwischen unseren Maschinen geweht. Es rieselt überall und noch am Abend sehen wir, wie sich der Sand in jede kleinste Ritze unserer Maschinen gelegt hat.
Ein größerer Wegpunkt für uns ist die Stadt Nasca, die wir auch zum wiederholten Male besuchen. Die berühmten Nasca-Linien, Scharrbilder, die in der Wüste von Nasca zu finden sind, sind am Besten mit dem Flugzeug überschaubar. Da wir das bei unserem ersten Besuch getan haben, geben wir uns jetzt mit der kleineren Variante zufrieden. Direkt an der PanAm befindet sich der Maria-Reiche-Turm, benannt nach einer Frau aus Deutschland, die diese Linien und Bilder mathematisch berechnet und vermessen hat. Von ihm aus kann man zwei Bilder überblicken, einen Baum und ein Fisch.
Die Straße Panamerikana geht aber auch durch Städte, um nicht zu sagen, durch Millionenstädte. So werden wir nicht verschont auch durch die Hauptstadt Perus, Lima, zu fahren. Die Zeit scheint eigentlich günstig zu sein. Es ist Sonntag früh um acht. Doch selbst zu dieser Zeit herrscht ein Verkehr, den man kaum beschreiben kann. Das Chaos wird eigentlich von den vielen Bussen, Kleinbussen und Motorradtaxis, genannt Tuctucs, verursacht. Sobald ein Passant die Hand herausstreckt, um mitgenommen zu werden oder jemand aussteigen will, wird abrupt angehalten. Egal, ob man damit jemanden behindert oder nicht. An manchen Stellen, besonders dort, wo Einkaufsmöglichkeiten sind, staut sich damit der Verkehr. Trotzdem scheint jeder das unbedingte Verlangen zu haben, so schnell wie möglich weiterzukommen. So wird geschoben und gedrängelt und jede noch so kleine Lücke ausgenutzt. Das schrille Hupen darf man hier nicht als freundliches Grußzeichen verstehen. Es ist eher die Warnung: „Platz da, jetzt komme ich!“ Für uns ist es ungewohnt, ständig die Hupe zu betätigen. Doch daran müssen wir uns gewöhnen. Es ist fast lebensnotwendig. Durch Lima brauchen wir drei Stunden und wir sind froh, ohne einen Kratzer diesen mörderischen Verkehr überstanden zu haben. Es bleibt nicht die einzige Stadt, die uns in dieser Art herausfordert. Doch wer Lima mit dem Motorrad durchquert hat, kann auch den Verkehr anderer Städte bezwingen.
Wir brauchen eine Abwechslung von ständiger Wüste und Verkehrschaos. Wir machen einen Abstecher in ein Gebirge von Peru, welches von der PanAm nicht so weit entfernt liegt. Wir fahren nach Huaraz. Schon die Hinfahrt bringt uns über den Paso de la Fortaleza, der über 4100 m hoch ist. Nun sind wir wieder umringt von hohen Bergen. Die Landschaft ist atemberaubend schön und besteht aus zwei Kordilleren. Die etwas Niedrigere ist die Cordillera Negra (schwarze Kordillere), die keine schneebedeckten Berge hat. Dagegen hat die Cordillera Blanca dreißig Bergspitzen, die über 6000 m hoch sind, und von zahlreichen Gletschern umgeben ist.
Der Weg zurück zur legendären Straße, die uns nordwärts bringt, ist allerdings wieder eine kleine Herausforderung. Es geht durch die sogenannte Entenschlucht, Canon del Pato. Und damit durch mehr als 40 Tunnels, die man einfach so in die Felsen gesprengt hat, unbeleuchtet sind und gerade die Breite eines Autos haben. Auch hier bleiben unsere Finger griffbereit an der Hupe.
Auch das nachfolgende Tal ist stellenweise schlecht zu fahren. Steine und Geröll machen uns das Fahren schwer und erinnern uns mehr an einem Steinbruch, als an eine eingetragene Straße auf der Straßenkarte. Nach einem anstrengenden Tag erreichen wir wieder die Westseite von Peru, mit seiner Straße Panamerikana und dem Pazifik. Im Surferparadies Huanchaco quartieren wir uns für zwei Tage ein und genießen die Atmosphäre und Ceviche, eine Fischdelikatesse.
Es ist nun nicht mehr weit bis zur Grenze nach Ecuador. Auf den letzten Kilometern, von Piura bis La Tina (peruanische Grenze) verabschiedet sich Peru von uns mit viel Vegetation. Die Wüste mit Sand, Geröll und Steine gehört nun der Vergangenheit an. Ecuador und die Grenzstadt Macará begrüßen uns mit Bergen und Tälern in Grün.