Fünf auf einem Streich – die Länder in Zentralamerika
Nachdem wir unsere Motorräder abfahrbereit bepackt haben, zeigt uns Panama gleich, was auf seinen Straßen möglich ist. Wie auf einer Achterbahn, mit vielen Kurven, Steigungen und Neigungen, fahren wir in Richtung Panama-Stadt. Als ob uns das Segelschiff Stahlratte nicht schon genug schwindlig geschaukelt hat, kommt nun auch noch diese Strecke dazu. Ziemlich fertig komme ich (Konstanze), zusammen mit Harald und den anderen Motorradfahrern in der lauten Hauptstadt von Panama an und wir sind uns alle einig. Hier bleiben wir nicht länger als eine Nacht. Uns zieht es lieber in die Natur und der damit verbundenen Ruhe.
In El Valle, einem wunderschönen Fleckchen Erde, schlagen wir bei tropischen Temperaturen unser Zelt auf und bleiben ein paar Tage. El Valle, das kleine Städtchen, welches im Krater eines erloschenen Vulkanes liegt, strahlt eine Freundlichkeit aus und wirbt um Trekkingtouristen. Des weiteren können ein Schmetterlingsmuseum, heiße Quellen oder einen Zoo besucht werden. Doch wir merken schnell, eine preisgünstige Angelegenheit ist das nicht. Man hat erkannt, dass der Tourismus ertragreich sein kann. Für uns stehen prähistorischen Felsmalereien und einen ausgiebigen Spaziergang im Umland von El Valle auf dem Programm, um finanziell nicht leichtsinnig zu sein.
Danach hat mal wieder der Kaffeeanbau eine magische Anziehungskraft auf uns und wir verbringen ein paar Tage in Boquete in Panama. Laut Reiseführer soll sich hier auch einer der seltensten Vögel der Welt befinden – der Quetzal. Eine Wanderung zu einem Wasserfall soll uns diesen vor die Linse bringen, doch das ist leider Fehlanzeige. Nach einem strengen Fußmarsch zurück ruhen wir uns in einem netten Café mit deutschen Wurzeln aus und genießen eine kleine Kaffeeverkostung.
Die Straße Panamerikana in Panama, mehr eine Baustelle auf dem größten Teil der Strecke, bringt uns auf schnellem Wege in das zweite Land von Zentralamerika – Costa Rica.
Auf Costa Rica freuen wir uns beide sehr. Allerdings berichten uns Reisende, besonders Motorradfahrer, die in Richtung Süden unterwegs sind, dass das Land viel zu teuer sei. Für Individualreisende, die auf ihren Geldbeutel achten müssen, seien manche Dinge unerschwinglich. Auch wir waren nach unserer Einreise schnell der gleichen Auffassung. Wir wussten, so schön die Landschaft und sehenswert die vielen Nationalparks von Costa Rica auch sind, wir können uns das Land nur bedingt leisten.
Wir picken uns einen Nationalpark heraus, den wir besuchen möchten – der kleinste Nationalpark Costa Ricas „Manuel Antonio“. Auch wenn der Eintritt für uns Ausländer das Fünffache mehr ist, als für Einheimische, lohnt sich der Besuch. Wir werden von der Tierwelt nicht enttäuscht. Wir können eine Vielzahl von Affen beobachten und fotografieren und ein Faultier kommt uns auch vor die Kamera und hängt am Baum lässig ab. Echsen und Leguane verschiedener Größen laufen uns während unserer fünfstündigen Wanderung übern Weg.
Leider können wir hier nur für zwei Nächte bleiben. Trotzdem, dass wir die „Besenkammer“ des Hotels bewohnen, ist der Preis noch hoch. Auch ein Einkauf im nahegelegenen Supermarkt gleicht im Gegensatz zu anderen besuchten Ländern einen Restaurantbesuch. So ernähren wir uns einige Tage nur von weichem Toastbrot und Erdnussbutter.
Um unserer Durchreise durch Costa Rica noch einen schönen Abschluss zu geben, entscheiden wir uns, den Lago Arenal mit dem Vulkan Arenal zu besuchen. Im kleinen Ort Nuevo Arenal werden preisgünstig Zimmer vermietet, die gleich nebenan ein gern besuchtes Restaurant haben. Perfekt für uns, denn auch die Motorräder sind nicht von der Straße einsehbar und stehen direkt vor unserem Zimmer zu ebener Erde. Wir machen uns den Tag darauf nur mit leichtem Gepäck auf dem Weg die Gegend zu erkunden. Wir haben Spaß daran, einige Foto- und Filmaufnahmen von uns und den Motorrädern zu machen.
Alles in allen haben wir einen schönen Tag. Am Abend bereiten wir uns auf unsere Ausreise vor, denn es soll ein Tag später früh nach Nicaragua gehen. Doch am nächsten Tag der Schock! Während wir am Morgen kurz in die nahegelegene Bäckerei gehen, um uns einen Kaffee zu holen, wird in unser Zimmer eingebrochen. Als wir wiederkommen, ist die Scheibe eingeschlagen, Harald sein Helm unsanft in die nächste Ecke geworfen und die schon gepackten Rucksäcke mitgenommen wurden. Wir wissen sofort, dass es die beiden Männer waren, die am Tag zuvor auch ein Zimmer gemietet hatten. Sie beobachteten uns am frühen Morgen, wie wir die Motorräder in Position brachten und unsere Sachen packten. Da wir mit unserem Motorrädern und dem ganzen Gepäck immer Blicke auf uns ziehen, haben wir keinen Gedanken daran verschwendet, dass es diesmal negativ für uns ausgeht. Sie und ihr Auto (einen silbergrauen Honda) haben danach fluchtartig ihr Zimmer verlassen. Zum Glück konnten sie mit unseren Tankrucksäcken, die unsere Dokumente beinhalten, nichts anfangen und ließen sie stehen. Sonst würden wir nun vor einem noch größeren Problem stehen. Der Schaden ist trotzdem erheblich und wirft uns finanziell sehr zurück. Neben den Wetterjacken, Schuhe, Hosen, T-Shirts, Waschzeug und vielen wichtigen Kleinigkeiten, ist das gesamte technische Equipment, wie Netzteile, USB-Sticks, Überspielkabel und Compact Flash Karten für die Kamera weg. Wir sind maßlos enttäuscht, auch von der dort ansässigen Polizei. Sie lässt uns vier Stunden warten und nimmt dann noch nicht einmal Papier und Stift zur Hand, um sich den Schaden und unsere Namen zu notieren. Wir sollen Anzeige im nächsten größeren Ort Canas erstatten. Doch die Adresse von der dort ansässigen Polizeistation können sie uns nicht sagen. Das ist nicht zu glauben und wir wollen nur eins: Costa Rica so schnell wie möglich den Rücken kehren.
Die Einreise nach Nicaragua dauert länger als gewöhnlich an den Grenzstationen. Neben den üblichen Prozedere der Migration und des Zolls, müssen wir zum Ebola-Check und unsere Motorräder müssen begast werden, um das Einschleppen von Pilzen zu verhindern. Das ist natürlich nicht alles kostenfrei und neben dieser Abgabe, sind noch eine Tourismusgebühr, einer Versicherung für Motorräder und die Entrichtung der Straßenbenutzungsgebühr fällig. Ehe wir richtig im Land Nicaragua angekommen sind, sind schon einmal pro Nase und Motorrad 32 Dollar weg. Mit einem Kopf voll Sorgen kommen wir im ersten Ort in Nicaragua, San Juan del Sur, an. Wir merken schnell, dass man es hier gut mit uns meint. Unsere Unterkunft ist ein kleines Gästehaus, wo wir die Küche nach Herzenslust benutzen dürfen.
Der Ort selbst liegt direkt am Pazifik und ist bei Surfern bekannt. Wir machen Bekanntschaft mit zwei Deutschen, die sich hier niedergelassen haben. Sie geben uns den Tipp, die Städte Granada und León zu besuchen, um eventuelle Einkäufe der nun fehlenden Sachen zu tätigen. Besonders das wichtige technische Equipment müssen wir in irgendeiner Weise wieder besorgen. Wir entscheiden uns für die Kolonialstadt León, die für ihre Vielzahl von Kirchen und ihren historischen Stadtkern bei Touristen beliebt ist. Die vergangenen Tage haben Spuren in unseren Köpfen hinterlassen. Wir bemerken das bei der Wahl unserer Quartiere. In einem kleinen familienbetriebenen Hotel, wo die Motorräder gleich im Innenraum neben der Rezeption geparkt werden können, fühlen wir uns sicher und gut aufgehoben. Unsere kleine Shoppingtour ist auch erfolgreich durch die Hilfe des Personals. Auch, wenn wir Nicaragua nur für kurze Zeit besuchten, es ist eines der Länder, die uns angenehm überraschte und uns lange in Erinnerung bleiben wird. Neben der herzlichen Bevölkerung wollen wir auch die Schönheit der Landschaft nicht vergessen zu erwähnen.
Das nächste Land, welches wir auf unserer Route durch Zentralamerika besuchen, ist Honduras. Auch hier ist es etwas kostspielig, Eintritt gewährt zu bekommen. Besonders das wichtige Zolldokument für die Motorräder, welches auch eine Maut beinhaltet, kostet pro Motorrad 35 Dollar. Anders als in Nicaragua kommen wir aber recht gut durch und nach 2 Stunden, können wir unser zwölftes bereistes Land auf unserer Motorradtour begrüßen. Die Begrüßung von Honduras Seite aus, ist allerdings für uns im ersten Moment ernüchternd und schockierend zugleich. Die nachfolgende Straße, welche übersät ist mit tiefen Schlaglöchern, wird von Kindern mit Erde, Schlamm und Wasser „präpariert“. Sie versuchen, die Löcher mit einfachem Gerät und ihren Händen zu stopfen. Wir, als „Benutzer der Straße“, sollen sie für ihre Arbeit entlohnen. Völlig fertig zeigen sie auf die gestopften Löcher. Wir sind sprachlos, als wir die Kinder sehen, und stellen uns die Frage, wohin wohl das vorhin entrichtete Geld fließt?
Wir möchten uns nicht gleich vom ersten Eindruck beeinflussen lassen und schmieden Pläne, wie wir das Land erkunden. Zuerst wollen wir den Lago Yojoa besuchen, was wir auch am nächsten Tag in die Tat umsetzen. Dass wir allerdings eine Unterkunft mitten im Urwald bekommen, war so nicht geplant und bringt noch einmal Würze ins Motorradfahren nach den absolvierten Tageskilometern. Nicht mehr ganz frisch geht es über Stock und Stein in den Urwald hinein. Man fragt sich, wie man hier wieder herauskommt, mit Motorrädern, die mit dem Gepäck locker dreihundert Kilogramm auf die Waage bringen. Erschwerend kommt noch hinzu, dass es anfängt, in Strömen zu regnen. Da wir uns gerade in der Regenzeit befinden, ist das schon mittlerweile der Alltag für uns, seit dem wir in Mittelamerika sind. Ab Nachmittag heißt es stellenweise: „Land unter Wasser!“
Am nächsten Tag erkunden wir erst einmal die Gegend zu Fuß und geben der Sonne Gelegenheit, die Wege abzutrocknen. Erst gegen Mittag geht die Fahrt mit dem Motorrad wieder aus dem Urwald heraus. Mit festem Asphalt unter den Rädern geht es weiter zum nächsten gesetzten Ziel in Honduras. Wir wollen unsere ersten Mayaruinen, die Ruinen von Copán, im gleichnamigen Ort besuchen. Auch diese Straße ist teilweise übersät von Löchern und wir versuchen die meisten von ihnen geschickt im Slalom zu umfahren. Am darauffolgenden Tag bleiben die Motorräder stehen und es geht auf zum Sightseeing der Maya-Kultur.
Von Copán aus ist es nicht mehr weit zur Grenze nach Guatemala. An diesen recht überschaubaren Grenzübergang geht alles in Ruhe vonstatten. Es dauert alles seine Zeit, aber ohne Hektik kommen wir gut durch die immer wieder anstehenden Formalitäten.
Wir nehmen uns vor, die Mayaruinen von Tikal zu besuchen, die aber sehr weit nördlich im Land liegen. Es dauert eineinhalb Tage, bis wir sie erreichen. Wir bleiben zwei Tage im Nationalpark Tikal und nehmen die Ruinen genau unter die Lupe. „Der große Platz“, welcher auch den größten Tempel, den Mayatempel namens „Jaguar“ präsentiert, ist das Herzstück der Anlage. Dieser wird gepflegt und instand gehalten. Leider kommt man bei den anderen Tempeln und Pyramiden, die sich in der Nähe des Platzes befinden, fast nicht hinterher, sie vor dem Verfall zu schützen. Etliche Gebäude liegen sogar noch unter dem Erdreich des Urwaldes bzw. sind noch überwuchert. Unglaublich, was das für ein kultureller Schatz ist.
Wir verlassen den Norden und begeben uns in Richtung Guatemala-Stadt. Von hier aus wollen wir zur ältesten Stadt von Zentralamerika nach Antigua. Antigua ist umringt von drei Vulkanen, diese sind der Vulkan Agua, Vulkan Fuego und Vulkan Acatenango. Gleich am Ortseingang werden wir überrascht mit Kopfsteinpflaster der besonderen Art. Es zieht sich durch die gesamte Stadt. Doch nicht nur durch sein altes Straßenpflaster wird uns Antigua in Erinnerung bleiben, sondern auch durch die wirklich sehenswerte historische Altstadt, mit ihren typischen Häusern.
Der darauffolgende Tag bringt ein Ereignis mit sich, auf das wir schon lange gewartet haben. Im Namen von Latizón TV wollen wir eine Schule in San Jocinto, nahe Chimaltenango, besuchen. Diese Schule wurde mit Unterstützung von Guate Pro e.V. in München, eine Hilfsorganisation für guatemaltekische Projekte, wo Latizón TV Kooperationspartner ist, erbaut. Es war ein Erlebnis, dass wir nicht missen möchten. Mit einer überschwänglichen Herzlichkeit werden wir von den Kindern begrüßt. Durch unsere Dolmetscherin Wanda, welche zusammen mit ihrem Mann Rámon, aktiv die Koordination der Bauprojekte vor Ort leitet, können wir einen Einblick auf die Lage der Kinder im ländlichen Raum bekommen. Mit einer kleinen Spende, kann man hier enorm viel bewegen. Etliche Klassenzimmer sind gebaut worden und eine Bibliothek ist gerade in der Entstehung. Man spürt bei allen Beteiligten des Projektes, auch bei den Lehrern und Erziehern, eine unglaubliche Freude über das Geschaffte. Der Funke ist schon im Dorf San Jacinto übergesprungen. So kann sich das Dorf auch über einen eigenen Gesundheitsposten freuen. Mit Unterstützung von Guate Pro e.V. und einer Familie aus Deutschland, wurden hier Räume zur Untersuchung von Kranken und eine Apotheke hergerichtet. An diesen Tag werden wir noch lange denken, denn er hat uns gezeigt, dass die Hilfe mit einer kleinen Spende, eine ganz große Wirkung haben kann.
Etwas ruhiger wird es um uns, als wir unsere letzte Station in Guatemala anfahren, den Lago de Atitlán. Im kleinen Tourismusort Panajachel nehmen wir uns eine Unterkunft. Wir hoffen auf bestes Wetter, denn um den Lago de Atitlán gibt es einige Vulkane zu bestaunen. Namentlich sind dass, der Vulkan Atitlán, Vulkan Toliman und Vulkan San Pedro. Bei jedem Fotoshooting haben sie alle eine kleine Wolkenmütze auf, was aber den Fotos, mit dem See im Vordergrund, keinen Abbruch bringt.
Von hier aus geht es nun mit großen Schritten in Richtung Mexico. Was wird uns dort erwarten? Die fünf Länder in Zentralamerika hatten es schon in sich.