Mexico – Zwischen Enttäuschung und Begeisterung
Unsere Einreise ins Land Mexico gestaltet sich etwas holprig. Für uns ist es nicht gleich einzusehen, warum wir eine Kaution für unsere Motorräder zahlen sollen. Sozusagen eine Sicherstellung, dass wir auch unsere Motorräder wieder aus dem Land führen. Wir stellen uns etwas stur, denn mit insgesamt 700 Dollar wird wieder ein erhebliches Loch ins unseren Finanzplan gerissen. Da wir aber sonst keine Einreisegenehmigung bekommen, müssen wir in den sauren Apfel beißen. Da es kurze Zeit später wie aus Eimern schüttet, können wir nicht gerade sagen, dass uns Mexico herzlich begrüßt. Es kann also nur besser werden.
Auf Besserung warten wir leider die darauffolgenden Tage vergeblich. Unser erstes Etappenziel in Mexico, die Pyramiden von Palenque zu besuchen, bleibt ein Wunsch, den wir uns nicht erfüllen können. Straßenblockaden machen unsere Pläne zunichte. Anders als in Bolivien, wo wir bei unserer letzten Reise auch diese Probleme hatten, kann man hier nicht auf ein Einsehen der Einwohner hoffen. Nur gegen Geld ist vielleicht ein Durchkommen möglich. Da es aber auf der Strecke nicht nur eine Blockade geben wird, lehnen wir das strikt ab. Als wir das verweigern, bekommen wir die Aggressivität noch mehr zu spüren. Um nicht am Ende des Tages vor ein beschädigtes Motorrad stehen zu müssen, drehen wir enttäuscht um. Wir versuchen eine andere Straße zu nehmen, doch auch hier hält man uns auf und spekuliert auf unsere Finanzen. Ein späterer Besuch bei der Polizei ergibt nur ein Abwinken und die Bemerkung, dass wir doch woanders Motorrad fahren sollen. Somit hat das erste besuchte Bundesland Chiapas in Mexico nicht gerade einen bleibenden positiven Eindruck bei uns hinterlassen. Es kann nur besser werden.
Das angrenzenden Bundesland Oaxaca, mit der gleichnamigen Provinzhauptstadt, erreichen wir durch einen langen Tagesritt von über 500 Kilometern bei teilweisen heißen Temperaturen von über 42 Grad. Nun wollen wir hier endlich mit dem Land Mexico „warm“ werden und genießen zwei schöne Tage in der Provinzhauptstadt Oaxaca.
Wie immer faszinieren uns die Altstädte mit ihren Gebäuden im kolonialen Baustil, in denen sich heute zahlreiche kleine Geschäfte, Restaurants und Cafés befinden. Wir genießen das Flair und probieren die einheimische Küche mit ihren vielerlei verschiedenen Tacos, Burritos und Tortillas. Vorsicht ist geboten bei den dazu gereichten Salsasoßen. Da unsere Geschmacksknospen eine derartige Schärfe überhaupt nicht gewohnt sind, treiben sich schnell die Tränen in die Augen und wir schnappen nach Luft. Wir staunen nicht schlecht, welche Portionen davon die Mexikaner konsumieren. Alles in allen haben uns die Tage in Oaxaca gut getan und wir sind wieder positiv gestimmt.
Die weiteren Strecken führen uns durch mehr oder weniger kleinere und größere Städte, vorbei an typische Landschaften mit vielen Kakteen und einigen Vulkanen. Der Vulkan Popocatepetl beeindruckt uns dabei besonders mit einer atemberaubenden Rauchwolke am frühen Morgen bei niedrigen Temperaturen. Das Thema „Pyramiden“ ist für uns noch nicht ganz vom Tisch. Wenn wir die Pyramiden von Palenque nicht erreicht können, bleiben uns immer noch die Pyramiden der Azteken von Teotihuacán, oberhalb von Mexikocity gelegen. Diesmal können wir unseren Plan in die Tat umsetzen und besuchen die Sonnen- und Mondpyramide mit ihren Nebengebäuden.
Eine weitere erwähnenswerte Stadt, die uns auf ganz andere Weise beeindruckt, ist die Stadt Pachuca, die Provinzhauptstadt des Bundeslandes Hidalgo. Nach unserer Ankunft machen wir aus Interesse eine Stadtrundfahrt mit und entdecken dabei ein Stadtviertel, was wir am nächsten Tag genauer erkunden wollen. Es handelt sich um ein Viertel, was vor einiger Zeit das „Sorgenkind“ der Stadt war, durch eine hohe Kriminalitätsrate. Bandenkriege und Überfälle standen auf der Tagesordnung. Eine Gruppe Street-Art-Künstler kam auf die Idee, alle Häuser dieses Viertels so bunt anzumalen, dass es von weiten aussieht, als würden sich mehrere Regenbögen durchziehen. Das Projekt, welches die Bewohner und damit auch verfeindete Gruppen zusammenführte, ist derartig gut gelungen, dass man nun überlegt, wie man es touristisch vermarkten könnte. Die Fertigstellung dieses farbenfrohen Projektes ist noch nicht lange her. Somit können wir uns wohl als einer der ersten Touristen nennen, die das Viertel besuchten. Mit etwas Skepsis werden wir betrachtet. Doch als wir unsere Bewunderung über das Geschaffte ausdrücken, ist man sichtlich stolz.
Dass in Mexiko sehr viel Potenzial in Sachen Kunst und Kultur steckt, zeigt uns auch die Stadt Guanajuato, die wir für zwei Tage besuchen. Mit einem jährlichen Film- und Theaterfestival „Cervantino“ lockt die Stadt Tausende Besucher an. In der Altstadt hört man überall Musik, die uns bekannt vorkommt. Denn in diesem Jahr stehen die Länder Chile, Peru und Kolumbien in Vordergrund.
Nach der Stadt Guanajuato geht es mit großen Schritten in Richtung Nordwesten. Ziel ist es, die Halbinsel Baja California zu erreichen. Auf dieser landschaftlich sehr schönen Strecke wollen wir unsere letzte große Etappe in Mexiko starten, bevor wir in die USA einreisen. Die Tageskilometer sind dazu sehr lang und es ist von Nöten einige größere Pausen einzulegen. Wir lockern unsere Wegstrecke etwas auf mit dem Besuch des Ortes Tequila. Der durch seinen Schnaps weltbekannt geworden ist. Natürlich wird hier alles vermarktet, was mit dem Hochprozentigen in irgendeiner Weise zu tun hat. In angebotenen Touren wird interessierten Touristen die Herstellung von Tequila gezeigt. Die Verkostung und der spätere Verkauf in verschiedenen Größen und Verpackungen sind nahezu an allen Straßenecken möglich.
Nach zwei weiteren größeren Tagesritten auf unseren Motorrädern erreichen wir den kleinen Ort Tobolopambo, nahe der Stadt Los Mochis, wo die Fähre Bajaferris ablegt. Da die Fähre nachts fährt und circa sechs Stunden bis zur Ankunft nahe La Paz/ Baja California braucht, schlagen wir uns die Nacht um die Ohren. Recht müde und geschafft, auch von den Tagen davor, kommen wir auf der Insel an. Erst am darauffolgenden Tag können wir die Landschaft in vollen Zügen genießen. Kakteen, in beachtlicher Größe, soweit das Auge reicht, lassen uns staunen. Bei herrlichem Wetter fahren wir in den kleinen Tourismusort Loreto, welcher am Golf Baja California liegt. Zahlreiche kleinere Inseln können von hier aus besucht werden. Auf unseren nächsten Routen wechselt das Landschaftsbild mehrmals, zwischen Steppe und Graslandschaft, Kakteen oder auch Steinwüste.
Wie wir feststellen, ist die Baja California das Bikerparadies schlechthin. So viele Gleichgesinnte, mit den unterschiedlichsten Maschinen unterwegs, haben wir in der Kürze der Zeit, auf unserer gesamten Reise nicht getroffen. Oft kommt es zum kurzen Benzingeflüster, mit dem Inhalt, wo man herkommt, wo man hin möchte und wie die Reise so verlaufen ist. Den Hinweis immer gut den Tank zu füllen, wo immer sich eine Gelegenheit bietet, hören wir mehrmals. Denn auf der Insel ist das Tankstellennetz nicht so gut ausgebaut, wie auf dem Festland. Mit dem Fahren auf der Baja California hat sich Mexico von seiner besten Seite von uns verabschiedet. Nun wartet auf uns das letzte Land, was wir auf unserer Reise durchqueren: die USA vom Westen nach Osten.