Motorradabenteuer und Tierparadies Pantanal – Brasilien
Ein Blick auf die Straßenkarte lässt uns vermuten, dass nun eine ziemlich langweilige Strecke von uns absolviert werden muss, um ins Pantanal zu kommen. Auf dem ersten Blick ist es auch so, doch auf dem zweiten Blick nicht. Denn die Straße führt durch die Bundesstaaten Goiás und Mato Grosso.
Hier finden wir das ganz typische Brasilien. Das Brasilien, was wir als Europäer mit dem Land verbinden. Damit meinen wir die groß angelegten Plantagen von Bananen, Kaffee und Baumwolle. Oder auch die typisch aussehende Bevölkerung und ihre Traditionen. Selbst die mehr oder weniger unbekannten Orte, die nicht auf der Liste der großen Reiseführer stehen, haben ihren Reiz und werden bei uns in Erinnerung bleiben. Zu nennen ist da zum Beispiel der kleine Ort Pires do Rio, indem wir auf den hiesigen Marktplatz die Möglichkeit hatten, einen Tukan, für uns der schönste Vogel, lange zu beobachten. Oder der Ort Pirenópolis, der gerade bei unserer Ankunft, den Höhepunkt eines traditionellen Reiterfestes beging, und die Stadt kopfstehen lies. Wir haben gleich erkannt, dass die Südamerikaner keine Gelegenheit auslassen, um zu feiern und die Nacht zum Tag werden zu lassen.
Das größte Binnenlandfeuchtgebiet der Erde, das Pantanal, stand bei der Liste unseren Reisevorbereitungen schon immer an oberster Stelle. Hörten wir doch schon bei unserer letzten Reise durch Südamerika von zwei Niederländern davon. Doch die Zeit reichte damals einfach nicht aus. Was erwartet uns nun dort? Eine Artenvielzahl an Vögeln und Papageien, wie wir es in Europa nicht kennen. Mit einer Größe der früheren Bundesrepublik Deutschland lässt sich so ungefähr erahnen, wie groß das Gebiet ist. Nur ein Teil davon ist auf Straßen rotbrauner Erde befahrbar. Das Wissen, das auf einen Einwohner im Pantanal, 35-40 Kaimane kommen, lässt bei uns einen gewissen Respekt aufkommen. Wir besuchen zuerst den nördlichen Teil.
Von der Stadt Poconé geht eine Erdpiste zu den 146 Kilometern entfernten Dorf Porto Jofre hinein in das Feuchtgebiet. In dieser Zeit soll die Straße, mit ihren 127 Holzbrücken abgetrocknet sein, welche in der Regenzeit unter Wasser steht. Die Holzbrücken können unterschiedlich im Zustand sein, was das Fahren mit dem Motorrad nicht gerade einfacher macht. Für die ersten Kilometer haben wir richtig Glück. Es ist nicht ganz so heiß und die Geräuschkulisse und das Schnattern der Vögel nimmt mit jedem Kilometer zu. Auch die gefürchteten Brücken meistern wir recht gut. Wir verursachen selbst unser eigenen Stopp an Go, weil wir ständig fotografieren und filmen wollen und dazu ständig anhalten. Wer möchte schon auf Fotos von Hyazinth-Aras, Kaimane, Tukanen und den Storchenvogel Jabiru verzichten?
Mit unserer Helmkamera können wir sogar einen Jaguar für ganz kurze Zeit aufnehmen. Das Schnattern und Zwitschern der Vögel, aber auch die Geräusche der Kaimane wird mit einem Stimmrekorder eingefangen.
Bei Kilometer Achtzig werden wir allerdings gestoppt. Eine zerstörte Holzbrücke hindert uns ans Weiterfahren. Die Vernunft muss siegen, denn das nahegelegene Flussbett weiter aus Wegstrecke zu benutzen, wäre mit den Motorrädern fahrlässig. Mit einem Geländewagen ist es kein Problem, wie es die Einheimischen tun. Und damit ist auch nicht die Dringlichkeit gegeben, diese Brücke zu reparieren. Wir treten den Rückweg an. Wir überlegen uns, diesen Weg am anderen Tag noch einmal zu fahren, um noch einmal in diese einzigartige Tier- und Pflanzenwelt zu erleben. Wir setzen unser Vorhaben am nächsten Tag zu ganz früher Stunde in die Tat um. Doch dieser Tag ist viel heißer als der Vorherige. Schon am Vormittag haben wir fast die 40-°C-Marke erreicht. Wir brechen unsere Tour vorzeitig ab, denn bei diesen Temperaturen in dicker Motorradkleidung zu fahren, ist eher eine Tortour, als eine Freude. Doch mit guten Fotos auf den Speicherkarten lässt sich das verschmerzen.
Nach dem Motto: „Wenn wir schon einmal hier sind …!“, entschließen wir uns, auch den südlichen Teil des Pantanals zu besuchen. Bei der Größe des Gebietes heißt das allerdings, einen Anfahrtsweg von mindestens drei Tagen zu haben. Es geht einige Kilometer zurück in Richtung Osten und später südlich am östlichen Rand des Pantanals vorbei. Wir wechseln dabei wieder den Bundesstaat Mato Grosso und fahren in das Gebiet von Mato Grosso do Sul. Im Süden, an der größeren Stadt Campo Grande vorbei, machen wir für einige Tage Pause in den zwei zusammenliegenden Städten Anastasío-Aquidauana.
Von hier aus beginnen unsere Touren im südlichen Pantanal. Auch hier sind es meistens Erdpisten, die als Sackgasse enden. Steine, Schotter und rote Erde haben wir wieder unter den Rädern. Wechselt die Piste von Schotter auf Sand, haben wir mit unseren dicken Motorrädern ganz schlechte Karten. Sie sinken gnadenlos im Tiefsand ein. Diese Erfahrung mussten wir auch machen, wieder umdrehen und einen anderen, für uns besseren Weg finden. Die Landschaft ist hier anders. Neben den großen Wiesen und Feuchtgebieten gibt es auch große Gebiete von Weideland. Im Hintergrund sieht man Hügelland mit teilweisen bizarren Felsformationen. Man kann sich vorstellen, dass unsere Touren wieder länger als gewöhnlich dauern, denn bei dieser Kulisse möchte man soviel wie möglich per Foto festhalten. Sehr beindruckend sind für uns die Vielzahl an Vögeln, besonders die Aras, mit ihrem bunten oder blau Gefieder.
Auch Tukane lassen nicht lange auf sich warten, auch wenn wir diese direkt vor unserer Unterkunft beobachten konnten, wie sie ihr Frühstück aus den Palmen holten. Ein Tier der besonderen Art verirrte sich sogar in den hinteren Räumen des Hotels. Ein Großer Ameisenbär hatte sich in den Küchenräumen eingefunden, weil vermutlich seine Leibspeise dort am schnellsten zu finden war. Mit etwas Geduld wurde er auf den Hof gelockt und stand damit für unsere Kameras zur Verfügung. Ganz so nah durften wir ihn allerdings nicht kommen. Sein Geruchssinn ist hervorragend und nach unserer Motorradtour waren wir bei dieser Hitze ziemlich am Schwitzen gewesen. Das schien wohl seine Nase zu reizen, denn seine Nackenhaare stellten sich schon an.
Von Anastacío-Aquidauana fahren wir weiter auf der Bundesstraße BR 262 in Richtung Corumbá. Nach circa 170 Kilometern haben wir nun die Qual der Wahl. Fahren wir weiter dieser gut ausgebaute Straße und sind in kurzer Zeit in Corumbá? Oder fahren wir die Estrada Pantanal Sul, die uns auch nach Corumbá führt, aber mitten durch das Pantanal geht. Wir entscheiden uns für das Letztere. Wieder haben wir mit Schotter, Sand und Geröll zu kämpfen, doch wir werden mit ganz viel Natur belohnt. Wir müssen dazu eine Übernachtung mitten im Pantanal einplanen. Auch das hat was für sich. Denn wer möchte nicht einmal das Brüllen der Brüllaffen hören oder das Grunzen der Kaimane? Die Vielzahl der Stimmen der Vögel und Tiere ist einfach phänomenal. Das ist sozusagen für uns der krönende Abschluss.
Am nächsten Tag geht es weitere hundert Kilometer über die Piste nach Corumbá. Corumbá ist für uns die Stadt, wo wir Brasilien verlassen werden und nach Bolivien einreisen werden.
WIR LIEBEN BRASILIEN ! – VOLVE SEMPRE – KOMM´ BALD WIEDER!