USA Teil 2: Von Westen nach Osten bis nach New York
Im Westen der USA hält langsam der Winter Einzug, besonders auf den Höhen des Coloradoplateaus. Auch der Wetterbericht gibt dazu Informationen heraus, die man auf Zweirädern gar nicht gerne hört. „Nichts wie weg!“, denken wir uns und schlagen zuerst eine südliche Richtung ein, die später in eine südöstliche Richtung wechselt. Trotzdem bekommen wir einen Zipfel des Schneefallgebietes ab, sodass wir einen Tag Zwangspause in Galupp/ New Mexico einlegen müssen. Wir hoffen, dass uns dies auf der letzten Etappe nicht allzu oft passiert.
Auch wenn nun unsere letzte Etappe der Reise begonnen hat, müssen wir für die letzten 3000 Kilometer noch Maßnahmen an den Motorrädern ergreifen. Einen Ölwechsel hatten wir schon in Monterey/ Kalifornien machen lassen. Der Mechaniker der kleinen Werkstatt bescheinigte uns, dass es der Hinterreifen der Transalp bestimmt nicht bis nach New York schaffen wird. Er war auf der linken Seite schon soweit abgefahren, dass man kaum noch Profil sehen konnte. Also bekam die Honda Transalp einen neuen Hinterreifen aufgezogen. Der Reifen der Africa Twin hingegen sah zu diesem Zeitpunkt noch gut aus, wenn man bedenkt, dass auch dieser über 18.000 Kilometer herunter hatte. Dafür melden sich nun, auf unseren Weg nach Osten, die vorderen Reifen beider Motorräder. Wenn man merkt, dass langsam die Führung der Maschinen verloren geht, sollte man handeln und so lassen wir neue Vorderreifen in Albuquerque/ New Mexico aufziehen. Die Werkstatt hat zwar nicht unsere Wunschmarke, aber von solchen Vorstellungen muss man sich bei einer langen Reise früh oder später sowieso verabschieden. Die Hauptsache ist, dass die Größe stimmt und so glauben wir, nach diesem Werkstattbesuch, endlich nach New York durchziehen zu können.
Weit gefehlt. Denn nach weiteren Kilometern bemerken wir, beim Abpacken des Gepäcks von der Honda Africa Twin, dass sich nun auch dieser Hinterreifen bald verabschiedet. Deutliche Haarrisse sind zu sehen und Gefahr ist in Verzug. Gut, dass es in Tyler/ Texas eine Honda Werkstatt gibt. Doch, wie schon gesagt, so einfach ist es nicht, einen Hinterreifen dieser Sorte zu bekommen. Auch in den USA nicht. Der Grund ist, dass es diese Art von Motorrad nie in den USA zu kaufen gab. Woher sollten dann die Ersatzteile kommen? Hier schwört man auf die Marke Harley Davidson. Der Chef der Werkstatt gibt sich wirklich alle Mühe und versucht, so schnell wie möglich, einen neuen Reifen zu bestellen. Nach drei Tagen in Tyler haben wir auch dieses Problem gelöst. Nur zu dumm, dass ausgerechnet jetzt, sich die Honda Transalp wieder meldet mit lauten undefinierbaren Geräuschen beim Schalten vom ersten in den zweiten Gang. Ein Check des Mechanikers ergibt, dass die Antriebskette gewechselt werden muss. Das Antriebsritzel ist eigentlich gar nicht mehr vorhanden, soweit abgefahren ist es. Hier haben wir zum Glück vorgesorgt und für beide Motorräder jeweils ein Kettenkit mitgenommen. Damit wir nicht die gleiche Prozedur wenig später in einem anderen Ort noch einmal haben, lassen wir auch das Kettenkit von der Africa Twin wechseln. Einen halben Tag später sitzen wir mit guten Gewissen auf unsere Maschinen und auf einen dicken Rechnungsbetrag.
Nun kann es endlich mit großen Schritten in Richtung Osten gehen. Ein Gedanke geht uns dabei immer wieder durch den Kopf. Zuerst war es nur eine Idee, doch Recherche im Internet und im Navigationsgerät lassen ein Wegpunkt immer realistischer werden. Wir haben noch Zeit und können durchaus noch den Sonnenstaat Florida erreichen. Und wenn wir dort einmal sind, könnten wir auch den Weltraumbahnhof von Cap Canaveral besuchen. Gesagt, getan. Und so bewegen wir uns in Richtung Osten durch die Bundesstaaten Louisiana, Mississippi und Alabama bis hin nach Florida. Die mit diesem Bundesstaat verbundenen Vorstellungen nach Sonne und angenehmen Temperaturen bewahrheiten sich zu einhundert Prozent. Bessere Bedingungen hätten wir im Monat November zum Motorradfahren nicht haben können.
Der Besuch von Cap Canaveral ist natürlich noch ein Highlight für sich. Völlig sprachlos stehen wir vor der Apollo13 und vor dem Spaceshuttle Atlantis. Wir brauchen eine ganze Zeit, um zu realisieren, was wir uns gerade ansehen dürfen. Haben wir aber erst einmal diesen Punkt überschritten, werden danach unzählige Fotos gemacht. Auf verschiedene Art und Weise wird einen die Geschichte der Raumfahrt in den USA erklärt. Einmal mit Anschauungsobjekten aus allen Bereichen der Raumfahrt oder mit Filmen im Kinoformat. Ein Besuch im Kennedy-Space-Center in Florida ist auf alle Fälle eine Reise wert und war für uns sehr ergreifend.
Nach diesem Besuch heißt es nun für uns, nach Norden zu fahren. Das große Ziel New York liegt noch gute 2000 Kilometer entfernt. Um keine Langeweile aufkommen zu lassen und sich einzelne Punkte auf der Karte zu setzen, wollen wir einige bekannte Städte in den Südstaaten besuchen. Wir besuchen die Stadt Savannah im Bundesstaat Georgia, Charleston im Bundesstaat South Carolina und Wilmington im Bundesstaat North Carolina für jeweils zwei Tage. Die historischen Altstädte dieser Städte faszinieren uns und lassen viele Fotoaufnahmen entstehen. Unweigerlich beschäftigt man sich mit der amerikanischen Geschichte und die Zeit des Bürgerkrieges.
Um im weiteren Verlauf nach Norden nicht die Millionenstädte Washington und Baltimore mitnehmen zu müssen, fahren wir auf eine östlich gelegene Halbinsel. Diese Halbinsel teilen sich die Bundesstaaten Virginia, Maryland und Delaware. Hier ist es deutlich entspannter auf den Straßen. Die Temperaturen sind angenehm und die Sonne scheint. Wir fahren bis zur nördlichsten Spitze und bleiben zwei Tage in Dover. Ein Besuch im USAF-Museum bringt uns noch einmal die Geschichte der Luftfahrt der USA näher, was immer mit viel Stolz präsentiert wird. Dem Besucher wird die Möglichkeit gegeben, ganz nah an jede einzelne Transportmaschine und Flugzeug heranzukommen und sie auch von innen besichtigen zu können.
Das Finale ist nun nicht mehr weit. Unsere Motorräder müssen wir, nach Kontaktaufnahme mit der Firma Intime in Deutschland schon in New Jersey abgeben. In Rahway/Linden, im Bundesstaat New Jersey, haben es unsere treuen Weggefährten geschafft. Wir geben sie schon mit Wehmut ab und lassen alles, was wir für unsere Zeit in New York nicht brauchen, auf den Motorrädern. Sie werden nun in einen Container gepackt und nach Bremerhaven verschifft. Ihre Ankunft wird im Januar 2016 sein. Etwas „nackig“ kommen wir uns nun vor. Nur mit jeweils einem Rucksack, einer Tasche und unseren Helm reisen wir per Zug in die Millionenstadt New York.
Es ist ein komisches Gefühl nach über 37.000 gefahrenen Kilometern am Ziel zu sein. Wir können es gar nicht glauben und die riesigen Wolkenkratzer, die wir so auch noch nie gesehen haben, setzen noch einen drauf. Wir sind einfach hin und weg! Nach 9 Monaten sind wir am Endpunkt unserer Reise angekommen. Zur Weihnachtszeit in New York zu sein hätte passender nicht sein können. Unser Aufenthalt wird noch gekrönt von der Ankunft unserer besten Freunde, die einen Urlaub zu dieser Zeit hier geplant haben. Gemeinsam besichtigen wir die Highlights von New York, wie das Empire State Building, die Freiheitsstatue, Top of the Rocks und der Rockefeller Center. Den Times Square mit seiner überwältigenden Lichtershow aus Reklame und den verschiedenen Museen. Es ist einfach super in New York und überwältigt uns.
Doch auch die Freude auf Zuhause nimmt an Fahrt auf. Wir freuen uns unsere Familien wiederzusehen, die schon lange auf uns warten. Mit ihnen zusammen Weihnachten zu feiern ist ein hohes Gut in bewegten Zeiten und nach einer langen Reise. Sie wird uns noch lange in Erinnerung bleiben und durch viele Erzählungen immer wieder aufgefrischt werden. Wir freuen uns darauf.